Betriebsbesetzung

Betriebsbesetzung,

 

im Arbeitskampf die mit Mitteln des physischen und psychischen Zwanges durchgesetzte Übernahme der Organisationsgewalt eines Betriebes durch die Arbeitnehmer unter Ausschluss der Leitungsbefugnisse des Arbeitgebers oder das bloße Verweilen am Arbeitsplatz. Neben den an sich zulässigen Mitteln des Streiks, der Aussperrung und des Boykotts ist die Betriebsbesetzung nach umstrittener, aber überwiegender Meinung rechtswidrig. Während rechtmäßiger Streik und Boykott zum Ziel haben, durch Verweigerung der Arbeitsleistung den Geschäftsbetrieb zu beeinträchtigen, um den Arbeitgeber zu einer nachgiebigen Haltung zu zwingen, berührt die Betriebsbesetzung auch das Haus- und Eigentumsrecht des Arbeitgebers, das strafrechtlichen Schutz beanspruchen kann. - Historisch-politisch gesehen hatten Betriebsbesetzungen in Vergangenheit und Gegenwart sehr unterschiedliche Ziele: Sie waren einmal gedacht als revolutionäres Mittel zur Umgestaltung der Gesellschaft (z. B. die Fabrikbesetzungen in Oberitalien 1920), zum anderen als Kampfmittel zur Durchsetzung politischer Forderungen (z. B. 1980 in Polen: Anerkennung der freien Gewerkschaftsbildung [Solidarność]) oder auch als Hebel des Arbeitskampfes zur Durchsetzung betriebs- und sozialpolitischen Forderungen der Belegschaft (z. B. Betriebsbesetzung 1993 zur Abwendung der Schließung des Schachtes der Mitteldeutschen Kali AG in Bischofferode).